Döktu’s Sprechstunde: Ist Schnupfen ungesund?

„Nemsch ou e Schnopf?“

„D’ Trompeter send die Beschte, em Suufe, Schnopfe und Feschte. Priiis.“

Man fühlt ein erfrischendes Gefühl in der Nase, das sich schnell in die ganze Nasenhöhle, ja in den ganzen Kopf ausbreitet. Ein Wärmegefühl erfüllt den ganzen Kopf. Die Wärme steigt und verwandelt sich innert Sekunden in eine Art brennenden erst leichten, dann immer stärkender werdenden Schmerz mitten im Kopf, ein Gefühl: wie ein mit Wasser gefüllter Ballon dehne sich immer mehr im Zentrum des Kopfes aus und drohe nächstens zu platzen und aus dem Hinterkopf herauszuschiessen. Deshalb schlägt man sich mit der flachen Hand auf den Hinterkopf, um das sich anbahnende „Platzen des gespannten Ballons“ zu verhindern und den eigenartigen Schmerz dadurch etwas zu lindern. Die Augen tränen nun wie bei einem Giftgas-Angriff. Man ist völlig benebelt und schwankt kurz. Dann klingt der dumpfe Schmerz wieder ab. Der Druck geht weg wie beim erlösenden Wasserlassen in den paradiesischen TOI TOI-Kabinen in der Waldstätterstrasse nach dem Fasnachtsumzug am Schmotzige Donnschtig und Güdismäntig. All dies ereignet sich innert Sekunden. –„Woooaaah, dä Cheib esch schtarch gseeh…“.

Nun juckt es in der Nase angenehm und dann und wann muss man heftig wohltuend und befreiend niesen. Eine Art Glücksgefühl macht sich nun im ganzen Körper wie eine wohlige Wärme breit. Auch eine gewisse positive Erschöpfung, wie wenn der Körper regenerieren muss. Eine leichte Benommenheit dauert für einige weitere Minuten an. Man könnte dieses Gefühl beinahe mit einem Or……, einem erotischen Erlebnis auf tieferer Ebene vergleichen, das sich in der Nase und im Kopf abspielt. Wegen einer gewissen Gewöhnung kommt es aber beim Schnupfen nicht immer zu Schmerzen. Dies hängt oft auch von Tabakart, -alter und –qualität ab und auch davon, ob eine Tabakdose schon längere Zeit geöffnet war. Ist dies alles ungesund?
Auf jeden Fall haben wissenschaftliche Studien ergeben, dass erotische Erlebnisse die Gesundheit und das Wohlbefinden fördern und begünstigen. Ist evtl. Schnupfen gar ein Ersatz für Erotik? Dann wäre es wohl nicht ungesund! Schnupftabak ist feingemahlener Tabak, enthält also Nikotin in grosser Konzentration. Nikotin ist ein Gift, eine Droge und macht abhängig, egal ob es geraucht, gekaut oder geschnupft wird. Allerdings werden beim Schnupfen im Gegensatz zum Rauchen keine giftigen und krebserregenden Verbrennungsprodukte wie Teer, Blausäure und Benzol gebildet. Die Hauptwirkung des Nikotins im Körper ist (neben dem Abhängigmachen) die Blutdrucksteigerung. Dies wurde in Tierversuchen nachgewiesen. Man kann es auch am roten Kopf des Schnupfers beobachten. Bei übermässigem Schnupfen, d.h. viel Tabak in kurzer Zeit in der Nase, geht auch viel Tabak der Rachenhinterwand entlang (der Schnupfer bemerkt den bitteren Geschmack und spuckt einen braunen Choder aus!) in den Magen. Dabei kann deutlich mehr Nikotin in den Körper gelangen als beim Rauchen und evtl. einen Nikotinschock mit Übelkeit, Erbre-chen und Schwankschwindel auslösen. In der Literatur wurden auch schon Fälle mit anschliessender Bewusstlosigkeit beschrieben. Deshalb kann man getrost Schnupfweltmeisterschaften (Die Schnupfer müssen in einer Minute möglichst viel Schnupftabak aus einer mit fünf Gramm gefüllten Dose schnupfen…) als absoluten Blödsinn bezeichnen.

Über die Schädlichkeit des Schnupfens wird schon länger gestritten. Krebsforschungszentren warnen vor den Folgen des Schnupfens wegen den krebserregenden Nitrosamiden. Eine neue unabhängige Studie in Deutschland (Prof. Dr. Eberhard Greiser, Direktor des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin, Feb 2008) kommt aber zu folgendem Schluss: „Der Konsum von Schnupftabak allein stellt kein nachweisbares Erkrankungsrisiko dar, lediglich die Kombination mit dem Rauchen von Tabak.“ In Europa wird seit über 400 Jahren geschnupft. Mittel- und südamerikanische Kulturen verwendeten Schnupftabak lange vor dessen Einführung in Europa. Bei den Inkas galt er als Gesundhaltungsmittel, das klare Augen und einen hellen Kopf bewirkt. Aus chinesischen Schrif-ten ist bekannt, dass bereits vor über 1000 Jahren zur Zeit der Tang-Dynastie (618-907) verschiedene Arzneimittel und auch Tabake geschnupft wurden. Ist Schnupfen also ungefährlich?

Bezüglich Krebs offenbar ja, aber halt! Es gibt noch andere Gefahren! Ich habe folgende Beschwerden bei Schnupfern beobachtet: trockene Schleimhäute, Krusten in der Nase und dadurch Nasenbluten, chronische Hals-schmerzen und Perforation der Nasenscheidewand, Geruchs- und Geschmacksstö-rungen bis zum völligen Geruchsinnverlust. Dem kann der Schnupfer entgegenwirken, indem er die Nase regelmässig pflegt. Am Abend soll die Nase mit Salzwasser geduscht (Emser Nasendusche ®) und tagsüber mehrmals mit Bepanthen® oder Rüedi Nasensalbe® behandelt werden. Ich habe aber auch schon schwerwiegendere Symptome bei stark süchtigen Schnupfern beobachtet, nämlich schwere Kopfschmerzen bis zur Migräne. Mir sind mindestens 3 Fälle mit schwerer Migräne bekannt, die wegen vorübergehendem Sprachverlust und Lähmungserscheinungen hospitalisiert werden mussten, und ich bin überzeugt, dass diese schweren Symptome auf den starken Reiz des Geruchsnerven (N. olfactorius) oder wahrscheinlicher auf Reizung der sensiblen Nerven, die für die Schmerzempfindung zuständig sind (N. trigeminus), auf den übermässigen Schnupftabakkonsum zurückzuführen sind!!!

Nun, schwere Nebenwirkungen sind Ausnahmen und kommen somit selten vor. Gifte können in geringen Dosen auch therapeutisch, also positiv wirken. Schnupftabak öffnet die Nase. Ich vermute auch, dass er bei gewissen Fällen von chronischer Nasenverschleimung, bei welchen praktisch alle Medikamente versagen, eine gute therapeutische Wirkung entfalten kann. Er kann auch bei Raucherentwöhnung als Ersatz eines Nikotinpflasters eingesetzt werden (Wenn’s nach einer Zigarette reizt- einen Schnupf). Caterina Maria Romula
de’ Medici (*13.April 1519) ab 1547 Königin von Frankreich behandelte ihre Migräne mit Schnupftabak (Gift und Gegengift?).

Ja, also ist jetzt Schnupfen sogar gesund? Genauso wie bei den meisten anderen Genussmitteln spielen Qualität und Menge eine wichtige Rolle. Wie bei allem im Leben: im Mass liegt die Würze!

„Der beste Arzt ist jederzeit des eigenen Menschen Mässigkeit. – PRIIIIIIIIS!“

Die gesamte Noggi Tribune gibt’s auch als Download: Noggi Tribune Nr.1/2009

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert